Der Beirat im Familienunternehmen – Eine Fallstudie

Heft 12 der Schriftenreihe des Instituts

Richtig positioniert und besetzt bündelt und erfüllt ein Beirat eine ganze Reihe wichtiger und dabei sehr verschiedener Aufgaben: für die Geschäftsführung sind das Beratung, Entlastung und Qualitätsverbesserung von Entscheidungen, für die Gesellschafter die Kontrolle der Geschäftsführung, die Vermittlung von Wissen sowie die Moderation in und zwischen den Gremien des Familienunternehmens. Die Fallstudie beleuchtet zahlreiche Aspekte der Thematik, verbunden mit Gestaltungsempfehlungen.


Leseprobe
 

Motive für die Errichtung eines Beirats in einem Familienunternehmen gibt es in der Praxis zahlreiche. Fast immer liegt der Errichtung eines Beirats ein konkreter Anlass und nur selten eine strategische Organisationsüberlegung zugrunde. Häufig werden Beiräte zur Moderation zwischen verschiedenen Gesellschaftern bzw. unterschiedlichen Familienstämmen eingerichtet, um bestehende oder drohende Blockaden im Gesellschafterkreis aufzubrechen. Durch die Implementierung eines Beirats und die damit verbundene teilweise Verlagerung von Kompetenzen der Gesellschafterversammlung kann erreicht werden, dass Gesellschafterkonflikte nicht unmittelbar auf die Geschäftsführungsebene durchschlagen, sondern durch den Beirat abgefedert werden. Der Beirat kann gleichsam die Funktion übernehmen, auseinanderstrebende Gesellschafterinteressen zu koordinieren, was beispielsweise im Verhältnis zwischen operativ tätigen Gesellschaftern und Gesellschaftern, die nicht im Unternehmen tätig sind, notwendig sein kann. Unterschiedlich intensive Bindungen an das Unternehmen können zu differierenden Interessenlagen führen, bei denen der Beirat als Moderator oder in Teilbereichen auch als Entscheidungsgremium fungieren kann. So kommt z.B. in Betracht, dem Beirat in einem Familienunternehmen das Recht einzuräumen, vor der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über die Gewinnverwendung eine Einstellung eines gewissen Anteils des Gewinns in die Rücklagen (Vorab-Thesaurierung) zu beschließen, um so den Finanzierungsinteressen des Unternehmens gerecht zu werden.

Aber auch der bloße Wunsch, dem Unternehmensnachfolger einen Ratgeber oder Sparringspartner zur Seite zu stellen, kann die Einrichtung eines Beirats sinnvoll machen. Der Beirat kann dabei gerade in der Unternehmensnachfolge eine entscheidende Rolle bei der Kontinuitätssicherung spielen. Poten-tielle Gefährdungen des Familienunternehmens im Zuge eines Generationswechsels sind vielfach gegeben. Neben Qualifikationsdefiziten beim Nachfolger sind beispielhaft Situationen zu nennen, bei denen zum Zeitpunkt der Erstellung der testamentarischen Verfügungen die Person des Nachfolgers noch nicht abschließend feststeht, weil sich die Kinder des Unternehmers noch in ihrer Ausbildung befinden. Ein mit Personalkompetenz ausgestatteter Beirat, der sich mehrheitlich aus familienfremden Mitgliedern zusammensetzt, kann sich bei der Bestimmung des Nachfolgers viel eher durch Sachkriterien leiten lassen, als die ausschließlich aus Familienmitgliedern gebildete Gesellschafterversammlung. Die Entscheidung durch eine neutrale Instanz bietet in aller Regel die Gewähr für eine möglichst breite Akzeptanz des Nachfolgers von seinem Umfeld. Durch die Objektivierung des Auswahlprozesses kann, vorausgesetzt die Beiratsmitglieder weisen entsprechende Objektivität und Neutralität sowie fachliche und soziale Kompetenz auf, die Unternehmensnachfolge entemotionalisiert werden.

Auch der schlichte Wunsch nach Beratung und Überwachung bzw. Kontrolle der Geschäftsführung ist, insbesondere in Konstellationen, bei denen das Familienunternehmen von einem Fremdmanagement geführt wird, häufig Motiv für die Errichtung eines Beirats. Derartige Beiräte werden in aller Regel eine dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft vergleichbare Stellung haben, die insbesondere durch die Überwachungsaufgabe gekennzeichnet ist, wobei Überwachung vor allem auch im Sinne von präventiver Kontrolle zu verstehen ist, die sich durch die Beratung der Geschäftsführung durch den Beirat kennzeichnet. Grundlage dieser präventiven Kontrolle eines nach dem aktienrechtlichen Vorbild eingerichteten Beirats sind insbesondere die Berichtspflicht der Geschäftsführung und Zustimmungsvorbehalte, also ein Katalog von Maßnahmen, die die Geschäftsführung nur mit Zustimmung des Beirats durchführen kann. Zentraler Gegenstand der präventiv ausgerichteten Beratung durch den Beirat ist die Beteiligung des Beirats an der strategischen Unternehmensplanung. Dies beinhaltet nicht die Aufstellung der Planung durch den Beirat, diese muss vielmehr der Geschäftsführung vorbehalten bleiben, aber die kritische Überprüfung und Hinterfragung der Planung durch den Beirat zum Zwecke einer Plausibilitätskontrolle (vgl. dazu noch später). 

Darüber gibt es in der Praxis vielfältige weitere Anlässe, die zur Einrichtung eines Beirats führen, sei es der Wunsch außenstehender Dritter, wie etwa ein auf Druck der kreditgebenden Banken in Sanierungsfällen implementierter Beirat, oder ein problemorientierter Beirat (im Gegensatz zu einem strategisch-begleitenden Beirat), dem ein einzelner konkreter Beratungsschwerpunkt zugewiesen ist, beispielsweise die Begleitung des Unternehmens bei der Neuausrichtung im Hinblick auf den Aufbau eines neuen Geschäftsfelds.