Fremdmanagement in Familienunternehmen

Heft 9 der Schriftenreihe des Instituts

Für die meisten Unternehmerfamilien gehört die operative Führung der Firma zum Kernbestand der Tradition. Der Wechsel zu einem Fremdmanagement kann viele Gründe haben, leicht fällt er nie. Amelie Fritsch und Christine Grotz , zwei Beraterinnen des Instituts, die aus eigenem Erleben als Gesellschafter und Beiratsmitglied von Familienunternehmen die Materie gründlich kennen, beschreiben in ihren Beiträgen, worauf es ankommt.


Leseprobe
 

Kaum ein Thema polarisiert in Unternehmerfamilien so stark wie das Thema Fremdmanagement. Die Einen fürchten den Verlust an Macht wie an Einfluss, verbunden mit der Überzeugung, der wirtschaftliche Erfolg und die Prägung durch die Unternehmerfamilie stünden auf dem Spiel. „Wenn wir unser Unternehmen einem Fremdmanager anvertrauen, können wir ja gleich verkaufen. Dann ist unser Unternehmen kein Familienunternehmen mehr“, behaupten die Skeptiker. Weder könnten Fremdmanager sorgsam mit dem anvertrauten Kapital umgehen, noch Maß halten, wenn sie wirtschaftlich erfolgreich sind. Die Anderen – und dies sind insbesondere große Unternehmerfamilien – vertreten einen entgegengesetzten Standpunkt: nur durch die hohe Kompetenz und Neutralität eines Fremdmanagers kann das Unternehmen langfristig gesichert werden. Sie setzen ein reines Fremdmanagement ein oder lassen Unternehmensbereiche durch Fremdmanager führen.

1. Entscheidung für einen Fremdmanager

Vielfach kommt die Familie an dem Schritt, einen Fremdmanager ins Unternehmen zu holen, nicht vorbei. Die Gründe dafür sind so unterschiedlich wie die Familienunternehmen selbst. Wenn kein geeigneter oder williger Nachfolger in der Familie gefunden wird oder sich die Familienmitglieder nicht auf ein Familienmitglied einigen können, ist der Einsatz von Fremdmanagern sogar die einzige Chance, das Unternehmen in Familienhand zu halten und langfristig Einkünfte aus den Unternehmenserträgen für die nachfolgenden Generationen zu sichern. Nicht zuletzt werden durch die Entscheidung für Fremdmanager Streitigkeiten in der Familie reduziert, wenn man sich nicht einvernehmlich auf einen Nachfolger einigen kann. Dann ist ein Fremdmanagement einem dauerhaften Streit in der Familie vorzuziehen.

Außerdem entscheiden sich Gründer und Unternehmerfamilien oft ganz bewusst frühzeitig für das Fremdmanagement, um die Kinder in ihrer Berufswahl nicht unter Druck zu setzen. Sie fördern damit zum einen die Entfaltung der jungen Menschen, signalisieren aber gleichzeitig, dass sie sich nicht ins „gemachte Nest“ setzen können. Damit kommen Unternehmerfamilien nicht in Versuchung, über offensichtliche Defizite des eigenen Nachwuchses hinwegzusehen, was für das Unternehmen und auch die Familie langfristig schlimme Folgen hätte. Ein Fremdmanagement muss keine Dauerlösung sein, ebenso kommt sie als Interimslösung in Betracht. Nicht selten entsteht eine zeitliche Lücke zwischen dem ausscheidenden Familienmanager und den potentiellen Nachfolgern, die durch einen Fremdmanager überbrückt werden kann.

In nahezu jedem Fall hat die Etablierung eines Fremdmanagements eine lange Vorgeschichte, häufig verbunden mit schwierigen und kraftraubenden Auseinandersetzungen in der Familie. Sie markiert den Endpunkt eines Klärungsprozesses, in dem eine Unternehmerfamilie zahlreiche Optionen geprüft hat. Wichtig ist dabei vor allem: Die Entscheidung für ein Fremdmanagement mag nicht jedem gefallen, sie ist aber kein Makel, sondern das Resultat der Einsicht, dass es unter den bestehenden Bedingungen keine bessere Lösung gibt. Zudem sind Fremdmanager nicht grundsätzlich die schlechteren Unternehmer. Ein Fremdmanager, der sich in einem Familienunternehmen engagiert, will unternehmerisch tätig sein und hatte vielleicht nur nicht das Glück, in eine Unternehmerfamilie geboren zu werden.